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Feature
Lob der Bürokratie Das unsterbliche Milieu der Verwaltung Von Florian Felix Weyh Regie: Frank Merfort Mit: Cathlen Gawlich und Tonio Arango Produktion: Deutschlandfunk Kultur 2024 Länge: ca. 54'30 (Wdh. am 10.11.2024 Deutschlandfunk, 20.05 Uhr) Theoretisch spricht viel dafür, dass die Verwaltung in der digitalen Automatisierung untergeht; praktisch allerdings ist sie erstaunlich präsent. Verwaltungen erweisen sich als soziokulturelle Biotope von großer Beharrungskraft. Vor 30 Jahren versprach Microsoft das papierlose Büro und heute soll die KI möglichst alle menschlichen Verwaltungsvorgänge - von der Dokumentation bis zum Dokumentenstempel - automatisieren. Aber würde das dem komplexen Milieu der Verwaltung gerecht? Wohl kaum. Mit Niklas Luhmann im Hinterkopf lassen sich Verwaltungsvorgänge als autonome Welten beschreiben: Tun um des Tuns willen, Produktivität, ohne Produkte zu erzeugen. Und jeder Vorgang wird für die Nachwelt dokumentiert! Zwar ärgert sich jeder mal über die Verwaltung - ihre Sprache, ihre Formulare, ihre Fristen, ihre starren Entscheidungen -, dennoch fällt es schwer, sich ihr Verschwinden vorzustellen. Selbst der Stempel, archaischstes Verwaltungswerkzeug, scheint unersetzlich. Womöglich blühen sogar im ruhigen Biotop des Verwaltungsapparats, wo Leistungsdruck und Konkurrenz durch starre Laufbahnen entschärft sind, versteckte Orchideen? Es gilt, sie zu entdecken. Das unsterbliche Milieu der Verwaltung Lob der Bürokratie
Oper
Festival Aix-en-Provence Théâtre de l'Archevêché Aufzeichnung vom 06.07.2024 Jean-Philippe Rameau/Raphaël Pichon "Samson", eine rekonstruierte Oper in fünf Akten auf Grundlage der biblischen Erzählung (Buch der Richter) Libretto: François-Marie Arouet ("Voltaire") und Claus Guth Samson - Jarrett Ott, Bariton Dalila - Jacquelyn Stucker, Sopran Timina - Lea Desandre, Mezzosopran Achisch - Nahuel Di Pierro, Bass Elon - Laurence Kilsby, Tenor Der Engel - Julie Roset, Sopran Ein Gast - Antonin Rondepierre, Tenor Samsons Mutter - Andréa Ferréol, Sprecherin Ein Obdachloser - Pascal Lifschutz, Sprecher Pygmalion Chor und Pygmalion Ensemble Leitung: Raphaël Pichon Ein verbotenes Libretto und eine verlorene Musik zu einem biblischen Drama - der Dirigent und Alte-Musik-Experte Raphaël Pichon und der Regisseur Claus Guth haben sich daran gemacht, Rameaus "Samson"-Oper zu rekonstruieren. Aus anderen Musikwerken und textlichen Bausteinen haben sie eine Art Pasticcio zusammengestellt, das jetzt beim Festival Aix-en-Provence vorgestellt wurde. Liebevoll und überzeugend wird diese verlorene Oper dem Vergessen entrissen.
Die besondere Aufnahme
Alfred Schnittke "Kleine Tragödien" Filmmusik nach Alexander Puschkin Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin Leitung: Vladimir Jurowski Produktion: Capriccio / Deutschlandfunk Kultur 2024
Diskurs
Vienna Public History Lecture: Ursula Krechel Schlüssel, Pass, Fluchtboot Eine Handreichung zur Geschichte der Migration und Remigration Medienkooperation mit der Universität Wien Aufzeichnung vom 05.11.2024 aus dem Großen Festsaal der Universität Wien Die politischen Notwendigkeiten zwingen förmlich dazu, neue Resonanzräume für die Auseinandersetzung mit Migration und Remigration zu öffnen. Wenn über politische Konsequenzen des Ankommens verhandelt wird, tritt die Dramatik von Flucht, Vertreibung, Exil und Asyl in den Hintergrund. Das Boot ist nicht "voll", wie die Redensart es ausdrückt, sondern das Boot soll daran gehindert werden, den Anker zu lichten. Es soll - im übertragenden Sinn — aus seiner Historizität herausgelöst werden, mit weitreichenden Konsequenzen. Zur Zeit der großen Migration nach Amerika mahnte und ermutigte die Freiheitsstatue, Amerikaner zu werden. Daneben waltete die Einwanderungsbehörde von Ellis Island mit ihrem Schrecken. Geschichte erzählen: Das ist eine Aufgabe, die sich Geschichtswissenschaft und Literatur teilen. Von dramatischer Bedrohung und Flucht erzählen auch die Zeugnisse der Erinnerungskultur. Kinder und Kindeskinder der Opfer forschen nach den traumatischen Umständen von Flucht, Vertreibung, Exil und den Folgen für ihre Familie. Macht das die Geschichtswissenschaft sprachlos? Was kann sie, ohne sich in der Mikrohistorie aus den Archiven zu verlieren? Von Flucht und Ankunft erzählen, heißt: sich in einen Kontext zu begeben, der in Splittern und Sprüngen die Gegenständlichkeit kollektiver und höchst subjektiver Erfahrung ordnet. An der Nahtstelle zwischen Literatur und Geschichtswissenschaft überlappen sich Stoffe. Themen der Menschheitsgeschichte werden verhandelt im scharfen Licht der Gegenwart, die sich in jedem Augenblick verdunkeln kann. Denen, die sich auf den unwägbaren Weg gemacht haben, gebührt der Respekt der Sesshaften, die vergessen wollen, welchen Preis eine Gesellschaft zahlt, die ihre Zukunft nicht reflektiert. Idealismus, Konservatismus oder schlichtweg Heimweh: das sind die Beweggründe einer Remigration, die diesen Namen verdient. Der Vortrag untersucht Stationen, Widersprüche und Konsequenzen der Geschichte der Migration im 20. und 21. Jahrhundert.
Klassik-Pop-et cetera
Die Sängerin, Autorin und Produzentin Marianne Rosenberg (Wdh. v. Deutschlandfunk) Sie gilt als Kultstar, Legende, Diva. Marianne Rosenberg wurde 1955 in Westberlin geboren. Im Alter von 15 Jahren landete sie mit dem Lied "Mr. Paul McCartney" ihren ersten Hit. In den Siebzigern eroberte sie Diskotheken und Tanzsäle mit den vom Philadelphia Sound inspirierten Schlagern "Er gehört zu mir", "Ich bin wie Du" und "Marleen". Später arbeitete sie mit Rio Reiser und Marianne Enzensberger zusammen. Rosenberg entzog sich dem anfänglichen Image der braven Schlagersängerin und folgt seitdem ihrem Grundsatz, musikalisches Schubladendenken nicht zu akzeptieren. Nach fast 55 Jahren im Rampenlicht steht für die Musikerin fest: Ihren Beruf würde sie auch ohne Karriere immer wieder ausüben.